Bauverwaltungen werden zum Flaschenhals
Baugewerbe 2020
„Noch ist die Bauwirtschaft eine der Branchen, die die Konjunktur in der Corona-Krise besonders stützt. Auf vielen Baustellen kann derzeit weiterhin gearbeitet werden. Allerdings darf die eingeschränkte Arbeitsfähigkeit in der öffentlichen Verwaltung die Bautätigkeit nicht behindern“, erklärte Reinhard Quast, Präsident des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB), in der Diskussion um schrittweise Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen.
Auch sein Verbandskollege Christian Staub, Präsident des Baugewerbe-Verbandes Niedersachsen (BVN), hatte dazu aufgerufen, den volkswirtschaftlichen Wert der Baubranche nicht aus den Augen zu verlieren: „Wir sind optimistisch, dass wir auch in der Zukunft eine Schlüsselbranche in unserem Land sein werden. Deswegen ist es wichtig, dass die Bauverwaltungen weiterhin gut aufgestellt sind und nicht zu einem Nadelöhr für die Bautätigkeit werden“, erklärt Staub.
Fehlenden Personalkapazitäten in den Genehmigungsbehörden
In den Städten und Gemeinden scheitere die Durchführung von Baumaßnahmen zunehmend an fehlenden Personalkapazitäten in den Genehmigungsbehörden, so die Verbändevertreter. So würden unter anderem Ausschreibungen zurückgestellt und Baugenehmigungen nicht mehr erteilt. Quast: „Im Interesse der Gesamtwirtschaft müssen einzelne Wirtschaftszweige wie die Baubranche den Betrieb fortführen. Dafür ist es kontraproduktiv, wenn auf der Baustelle kein Gerüst aufgestellt werden darf, die Bauabnahme auf der Baustelle nicht durchgeführt wird oder die Baugenehmigung grundsätzlich nicht erteilt wird.“
Der Präsident des Spitzenverbandes der Branche fordert daher, die Aktivitäten in den Bauverwaltungen wieder hochzufahren. „Wo nötig, müssen bestehende Prozesse der Bauämter an die derzeitige Lage angepasst werden, zum Beispiel in der Bauplanung. Hierzu muss geprüft werden, ob über Bebauungspläne und weitere baurechtliche Fragen auch ohne Sitzung des Gemeinderats entschieden werden kann“, appelliert Quast an die öffentliche Verwaltung.
Weichen für die Zeit nach der Corona-Krise
Er fordert zudem, die Weichen für die Zeit nach der Corona-Krise zu stellen: „Um die Bautätigkeit zu beleben, sollten wir von einer Genehmigungs- zu einer Anzeigepflicht kommen. Widerspricht die zuständige Behörde nicht innerhalb einer bestimmten Frist, kann der Betrieb die Arbeit fortführen. So könnten viele Prozesse erheblich beschleunigt werden.“
Unter Beachtung der gebotenen Arbeitssicherheits- und Hygienevorschriften müsse die Arbeit in den Bauämtern wieder intensiviert werden, so Quast. Das sei auch wichtig, damit die öffentliche Hand ihrer Zahlungspflicht nachkomme. „Es kann nicht sein, dass einsatzfähige Bauunternehmen in Kurzarbeit gehen, weil in den Kommunen keine Beschlüsse zur Freigabe von Geldern oder für die Planung von Bauleistungen gefasst werden“, so Quast abschließend.