„Ein wirkliches Saisongeschäft gibt es aktuell nicht“

Werksbesuch bei Altrad plettac assco

Großräschen. – Der Bau boomt und damit auch die Nachfrage nach Gerüstmaterial. Bereits seit März läuft auch bei Altrad plettac assco die Produktion wieder auf Hochtouren. Wie man selbst in Spitzenzeiten lieferfähig bleibt und trotz konjunktureller Schwankungen ein kontinuierliches Wachstum generiert, verrieten die Geschäftsführer Ralf Deitenberg und Ulrich Lawory bei einem Werksbesuch der Allgemeinen Bauzeitung (ABZ) in Großräschen. Inmitten des Lausitzer Seenlandes liegt die brandenburgische Stadt Großräschen. Wer als Ortsfremder zu Fuß oder mit dem Fahrrad die malerische Landschaft des ehemaligen Bergbaugebietes durchstreift, wird darin nicht mehr den Industriestandort von einst erkennen. Doch auch wenn der Abbau von Braunkohle und Ton längst der Naherholung gewichen ist, wird in Großräschen noch immer fleißig produziert. Genau hier schlägt das produktionstechnische Herz der Altrad plettac assco GmbH, deren Gerüste auf der ganzen Welt zum Einsatz kommen.

„Die Übernahme des Produktionsbetriebes in Großräschen, bis 1990 noch Teil des Metallleichtbaukombinats (MLK) Leipzig, war für die damalige plettac ein großes Glück“, erklärte Ulrich Lawory, der zusammen mit Ralf Deitenberg die Geschäftsführung der Altrad plettac assco GmbH inne hat und seit acht Jahren die Produktionsgesellschaft des Unternehmens, Altrad plettac Production GmbH (ApP), in Großräschen leitet. „Mit den Mitarbeitern des damaligen MLK Leipzig konnten wir hier in Großräschen überaus fachkundiges Personal übernehmen. Viele davon besaßen ein derartiges Know-how, dass sie auch vor der Wiedervereinigung schon regelmäßig zur Devisenbeschaffung in die BRD entliehen wurden.“ Mittlerweile sind in Großräschen rd. 300 Mitarbeiter mit der Fertigung von Gerüsten beschäftigt, davon etwa 160 in Festanstellung. „Was die Kollegen damals wie heute auszeichnet, ist ein wirklich guter Teamgeist. Das ist nicht nur gut für das allgemeine Betriebsklima, sondern trägt mit dazu bei, dass unsere Produktionsprozesse reibungslos ablaufen.“

Ein weiterer Vorteil: Anders als am Firmensitz in Plettenberg konnte in Großräschen eine eigene Verzinkerei in die Produktion integriert werden. 1993 wurde diese direkt neben die Metallfertigung gesetzt. Während des wirtschaftlichen Tiefs zur Jahrtausendwende veräußerte plettac die Verzinkerei an Voigt & Schweitzer. Damals eine Notwendigkeit, heute jedoch keineswegs ein Nachteil, wie Lawory betonte. Schließlich gehöre das Unternehmen zu den führenden Experten in der Feuerverzinkung und bringe seine ganze Innovationskraft mit in die Produktion ein. Das Verzinken vor Ort erfolgt nahezu exklusiv für die ApP. Ohnehin laste man den Betrieb durchgehend zu 100 % aus, in Spitzenzeiten bis zu 130 %.

Zusammen mit der extern am Ort angesiedelten Aluminiumfertigung nehmen Produktion und Verwaltung in Großräschen mittlerweile etwa 30 000 m² ein. Bis auf die Böden werden hier alle Bauteile des Modul- und Fassadengerüstprogramms von Altrad plettac assco gefertigt. Allein an Tragwerkselementen seien im vergangenen Geschäftsjahr rd. 21 000 t reiner Stahl verarbeitet worden. „Das entspricht in etwa drei Mal der Masse des Eiffelturms“, wie Lawory, der regelmäßig zu internen Veranstaltungen der Altrad-Gruppe in Paris zu Gast ist, mit einem Lächeln erklärt. Was fertig produziert ist, kommt auf das riesige Lagergelände, welches 1995 direkt an der Bundesstraße südlich der Stadt errichtet wurde. Mit ungefähr 70 000 m² Fläche ist es das wohl größte Lager der Altrad-Gruppe und das zentrale Distributionszentrum von Altrad plettac assco.

 

 

Um die Produktion so flexibel wie möglich zu gestalten, werde seit den 90er-Jahren kontinuierlich in die Anlagentechnik vor Ort investiert, erklärte Ulrich Lawory bei der Besichtigung des Werkes: „Wo dies geht und Sinn ergibt, setzen wir moderne Robotertechnik und Automaten ein, tauschen regelmäßig alte Anlagen aus und halten unsere Produktion so stets auf dem Stand der Technik.“ Flexibilität und Geschwindigkeit seien heute allesentscheidend, so der ApP-Geschäftsführer. Einerseits, um die entsprechenden Stückzahlen für ein kontinuierliches Wachstum zu generieren – andererseits, um flexibel auf die jeweiligen Anforderungen des Marktes reagieren zu können. Ein Großteil des Zuschnitts wird in Großräschen mit Lasern ausgeführt. Mehr als 20 Schweißroboter fügen die Einzelteile dann zusammen; weitere werden aktuell installiert. Auch die Riegel- und Stielfertigung erfolgt vollautomatisch. Ebenso wie die Produktion qualitativ hochwertiger Gewindefüße, die das Unternehmen dank entsprechender Anlagentechnik selbst vornimmt. Das sei durchaus nicht selbstverständlich, wie Lawory vor Ort betonte.

Von Beginn an stehe auch die Altrad-Gruppe hinter dieser Strategie einer nachhaltigen Geschäftsentwicklung durch die fortlaufende Optimierung der Produktion. Seit der Übernahme 2004 habe die Konzernmutter jedes Jahr etwa 1 Mio. Euro in die Hand genommen, um den Produktionsausbau in Großräschen voran zu treiben. Angesichts des anhaltenden Konjunkturaufschwungs sollen es 2017 sogar mehr als 3 Mio. Euro werden.

Um bei aller Produktion den Überblick zu behalten, haben sich Lawory und sein Team einen kleinen, aber feinen Kniff einfallen lassen. Jede Gitterbox wird zukünftig mit einem unscheinbaren Chip ausgestattet. Dieser kann bei Bedarf geortet werden, was die Dokumentation und das Auffinden von Material in der laufenden Produktion deutlich erleichtert.

Für diese Idee, inklusive der eigens entwickelten Ortungssoftware, gab es kürzlich den Innovationspreis des Landes Brandenburg. Mittlerweile sei das Konzept auch schon in anderen Anwendungsbereichen adaptiert worden, so Lawory. U. a. werde es in Krankenhäusern genutzt, um den Bestand an medizinischen Geräten effizient zu kontrollieren.

 

Auch die Kunden sollen es künftig deutlich leichter haben, ihr Material digital zu dokumentieren. Mittels der neuesten Laseranlage, die am Standort installiert wurde, werden in Großräschen nun sämtliche Gerüstbauteile mit einem QR-Code versehen. Jeder Code ist eineindeutig und mit basalen Informationen zum jeweiligen Bauteil (Herkunft, Alter etc.) hinterlegt. Der Kunde hat zudem die Möglichkeit, sich in einer seitens des Herstellers vorgehaltenen Datenbank als Eigentümer zu hinterlegen. Das ermöglicht eine eindeutige, rechtssichere Zuordnung der Bauteile zu seinem Eigentümer, was sowohl präventiv zum Diebstahlschutz beiträgt als auch günstigere Finanzierungsmöglichkeiten bei Banken eröffnet, die mit der „Signat“ genannten Kennzeichnung von Gerüstbauteilen ihr eigenes Material nun eindeutig identifizieren können.

Dass die kontinuierliche Optimierung von Produktion und Produkten bei Altrad plettac assco Früchte trägt, zeigen die Geschäftszahlen. Ebenso wie die Gruppe verzeichnet das Unternehmen seit Jahren ein kontinuierliches Wachstum. Im abgelaufenen Geschäftsjahr erwirtschaftete der Gerüsthersteller einen Umsatz von 85 Mio. Euro – 20 % mehr als im Vorjahr. Für 2017 prognostizieren die Geschäftsführer einen nochmaligen Umsatzsprung auf 95 Mio. Euro.

Angesichts der aktuellen Sonderkonjunktur sei das eine durchaus realistische Erwartung, wie Ralf Deitenberg erklärte. Die Nachfrage sei aktuell so hoch, dass die Produktion das ganze Jahr über voll ausgelastet sei. Von einem Saisongeschäft könne momentan keine Rede sein. Das habe u. a. den positiven Effekt gehabt, dass das Unternehmen 2017 mit dem höchsten Lagerbestand der Unternehmensgeschichte ins neue Geschäftsjahr starten konnte. Deitenberg: „Hier und dort herrscht natürlich auch Skepsis. Persönlich sehe ich jedoch kein Anzeichen für eine Blase, wie wir sie in den 90er-Jahren erlebt haben. Schaut man sich die Umsatzzahlen der Gerüsthersteller an, so wird ersichtlich, dass wir mit der aktuellen Nachfrage nicht weit über dem normalen Nachholbedarf liegen, der zwischen 3 bis 5 % des Gesamtmaterialbestandes pro Jahr ausmacht. Es gibt schlichtweg ein enormes Volumen an Material, dass aktuell ersetzt werden muss. Sicherlich wird sich auch diese Entwicklung wieder beruhigen. Wir sind mittlerweile so aufgestellt, dass wir die Sonderkonjunktur gerne mitnehmen. Wir haben aber auch keine Angst, wenn es in zwei bis drei Jahren mal wieder etwas ruhiger wird.“

Text/Fotos: Robert Bachmann

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